1784
Hochwasser und Kriege bedrohen die Brüdergemeine Neuwied
Die Lage Neuwieds direkt am Rhein brachte neben vielen Chancen auch zwei Gefahren mit sich: die Hochwasser in Neuwied, das erst im 20. Jh. durch einen Deich geschützt wurde, und die Kriege, bei denen der Fluss und seine Übergänge immer wieder eine Rolle spielten. Die Szenerie zeigt den Kampf der Brüder gegen die Eisschollen im Hochwasser 1748, beobachtet von Catharina Gambs aus dem Schwesternhaus.
Von Catharina Gambs ist ein ausführlicher Lebenslauf und eine Silhouette überliefert. Geboren 1742 in Straßburg, kam sie 1770 als Betreuerin der ledigen Schwester von Zeist nach Neuwied. Freudig berichtet sie von der Einweihung des neuen Schwesternhauses 1783, aber auch von dem Hochwasser 1784. Ab 1785 war sie in Ebersdorf, Herrnhut und Gnadenberg eingesetzt, wo sie 1798 starb.
Die Gemeinde wuchs von 42 Mitgliedern 1755 auf 400 im Jahr 1783. Nachdem das erste Viertel bebaut war und der erste Kirchensaal im Obergeschoss des Gemeinhauses zu klein wurde, bekam die Gemeinde die Erlaubnis, ein weiteres Viertel zu bebauen. Auch ein neuer Kirchensaal sollte dort entstehen. Das Bauholz lag schon bereit, als die dramatischen Hochwasser vom 27.2. – 4.3.1784 Neuwied heimsuchten.
Die Häuser der Brüdergemeine waren die ersten Häuser der Stadt, die die Wasserfluten und die Eisschollen erreichten. Das Diarium der Gemeinde berichtet bewegt von den wiederholten Eisgängen und den zahlreichen Bewahrungen. Mit Stangen wehrten die Bewohner die Eisschollen ab, lenkten sie um die Häuser oder zogen sie davor zum Schutz. Die Versorgung der Gemeinde musste mit Booten geschehen oder über Dachböden, auf denen die Mauern durchbrochen worden waren.
Am Ende war das Bauholz weg, aber es hatten alle überlebt und die Schäden an den Häusern waren zu reparieren.
Noch existenzieller bedrohten die Revolutionskriege ab 1792 das Bestehen der Gemeinde. In den Jahren 1794 und 1795 standen sich bei Neuwied immer wieder die französischen und kaiserlichen Heere gegenüber, schossen mit Kanonen und Granaten über und teils in die Gebäude der Brüdergemeine. In den Häusern und Straßen Neuwieds gab es Einquartierung, Schlachtgetümmel, Plünderung und Misshandlung.
Zeitweise war ein Teil der Gemeinde zunächst in die umliegenden Orte und später nach Ebersdorf und Neudietendorf ausquartiert. Einige Gräber hinter dem Kirchensaal und eine Kanonenkugel in der Museumsstube zeugen noch heute von dieser wohl kritischsten Zeit für die Brüdergemeine Neuwied.
